07.10.2025
Ein 72-jähriger Sozialhilfeempfänger kann von der Stadt Kassel nicht die Erstattung der Kosten einer Räumungsklage verlangen. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Hessen geurteilt. Es hat damit die Entscheidung des Sozialgerichts (SG) Kassel bestätigt, das in der Vorinstanz die Klage des Sozialhilfeempfängers abgewiesen hatte.
Der Kläger hatte 36 Jahre lang eine Mietwohnung in Kassel bewohnt, die 2021 von neuen Eigentümern erworben und wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde. Im anschließenden Räumungsverfahren wurde er zur Herausgabe der Wohnung und zur Tragung der Prozesskosten von rund 1.270 Euro verurteilt. Diese Kosten beglich er im Oktober 2022. Kurze Zeit später zog er in eine neue Wohnung um, deren Kosten von der Stadt im Rahmen der Sozialhilfe fortlaufend übernommen wurden.
2023 beantragte der Kläger die Erstattung der im Räumungsprozess entstandenen Kosten durch die Stadt Kassel. Zur Begründung verwies er auf die angespannte Wohnungssituation, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sowie seine persönliche Mittellosigkeit. Diesen Antrag lehnte die Stadt ab.
SG und LSG pflichteten der Stadt bei: Die Kosten einer Räumungsklage müssten nur dann vom Sozialhilfeträger als Unterkunftskosten übernommen werden, wenn er zuvor angemessene Unterkunftskosten nicht, nicht in voller Höhe oder verspätet geleistet habe und es dadurch zur Räumungsklage gekommen sei. Das sei vorliegend nicht der Fall gewesen, weil die Stadt Kassel die Mietkosten der früheren Wohnung des Klägers in tatsächlicher Höhe übernommen hatte.
Zu einer Schuldenübernahme sei die Stadt Kassel ebenfalls nicht verpflichtet gewesen, so das LSG. Die bereits bezahlten Prozesskosten stellten keine Mietschulden dar, für die der Sozialhilfeträger aufkommen müsste. Zum einen habe der Kläger die Kosten vor der Antragstellung bereits beglichen, ohne geltend zu machen, hierzu aus eigenen Kräften und Mitteln nicht in der Lage zu gewesen zu sein. Zum anderen entfalle ein Anspruch auf Schuldenübernahme ersatzlos, wenn die ursprünglich bewohnte Wohnung – wie hier – zwischenzeitlich aufgegeben worden sei. Denn dann könne das gesetzliche Ziel der Schuldenübernahme – der Erhalt der Wohnung – nicht mehr erreicht werden.
Das LSG hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Landessozialgericht Hessen, Urteil vom 27.08.2025, L 4 SO 38/25