09.12.2025
Eine Frau verletzt sich im Skiurlaub, muss operiert werden und reist schließlich mitsamt ihrer Familie frühzeitig ab. Mit der Reiseabbruchversicherung streitet sie sich in der Folge, wann genau die Reise als abgebrochen gilt. Das Amtsgericht (AG) München entscheidet: mit dem Skiunfall.
Eine Familie buchte für den 10.02. bis 17.02.2024 einen Skiurlaub in Österreich für sieben Nächte. Im Vorfeld hatten die Reisenden eine Reiserücktritts- und Reiseabbruchversicherung abgeschlossen. In dieser hieß es unter anderem: "Müssen Sie aus einem [...] versicherten Ereignis die Reise vorzeitig abbrechen, erstatten wir den kompletten Reisepreis bei Abbruch der Reise innerhalb der ersten Hälfte der versicherten Reise […] bis zur Höhe des versicherten Reisepreises."
Am 12.02. erlitt die Mutter einen Skiunfall mit Kreuzbandriss im linken Knie. Sie wurde am selben Tag vor Ort im Krankenhaus aufgenommen und am 13.02. operiert. Bei der Entlassung am 14.02. ordneten die Ärzte für den Heimtransport vom Urlaubsort Beinhochlagerung an. Die Reisende kontaktierte daraufhin ihre Versicherung wegen des Rücktransports. Diese stellte ihr für den Rücktransport den 16.02. in Aussicht. Die Reisende verblieb daher bis dahin im Hotel. Am 16.02 reiste schließlich die gesamte Familie ab.
Zu Hause verlange die Reisende von der Versicherung die Erstattung des vollen Reisepreises für alle Reisenden und weiterer Kosten wie Skipässe. Die Versicherung meinte, dass die Reise nicht in der ersten Hälfte abgebrochen worden sei, sondern erst mit Rückreise am 16.02. und erstattete lediglich einen Teilbetrag.
Die Mutter klagte und bekam in weiten Teilen recht. Das AG München entschied: Nicht erst Abreise, sondern bereits der Skiunfall habe zum Reiseabbruch geführt.
Der Vertrag definiere als Voraussetzung für den Versicherungsschutz nicht "Reiseabbruch", sondern, dass durch Eintritt eines versicherten Ereignisses Reiseunfähigkeit zu erwarten ist. "Reiseabbruch" bedeutet laut Gericht so nur, die Reise nicht mehr planmäßig fortzusetzen.
Das führe dazu, dass – insbesondere dann, wenn wie hier ein versichertes Ereignis eintritt, das die Reise in deren Sinnhaftigkeit beendet, aber bis zum Vollzug des Reiseendes noch Organisation erforderlich ist – auch dann von einem Reiseabbruch auszugehen ist, wenn der Aufenthalt maßgeblich dem Warten auf die Abreise dient.
Das AG sprach neben den Hotelkosten für die Mutter auch Ersatz für die Hotelkosten des Ehemanns zu. Auch für diesen sei es nicht zumutbar gewesen, die Reise fortzusetzen. Das AG berücksichtigte, dass die Verletzung "immerhin eine Operation nötig machte" und "der einer Ehe zugrunde liegende rechtliche Wert der einer Solidargemeinschaft ist, die sich gerade in Zeiten von Hilfe- und Zuwendungsbedarf zeigt". Entsprechend sei es objektiv unzumutbar, den Ehemann darauf zu verweisen, er möge, statt im Krankenhaus zu warten, weiter Skifahren gehen.
Bezüglich der Hotelkosten der Tochter wies das Gericht die Klage jedoch ab. Denn hier hatte die Mutter trotz gerichtlichen Hinweises nicht substantiiert zur Frage, welche Auswirkungen der Unfall auf die Durchführung der Reise für die Tochter hatte, vorgetragen. Auch die Kosten für die Skipässe bekommt die Familie nicht erstattet. Das sei nach den Bedingungen der Versicherungen ausgeschlossen.
Amtsgericht München, Urteil vom 24.02.2025, 132 C 23372/24, rechtskräftig